Wandel braucht Sicherheit

IG Metall: ZDA - Zukunft der Arbeit

02.12.2016 IG Metall Baden-Württemberg startet Initiative zur Zukunft des Automobil-Standorts - 3. Zulieferer-Tagung in Stuttgart

Die Automobilindustrie im Südwesten steht vor vielfältigen Herausforderungen - neben dem Trend zu batteriebetriebenen Fahrzeugen gehört dazu für die Zulieferer unter anderem ein anhaltender Verlagerungsdruck nach Osteuropa. "Die Aufgaben für Hersteller wie für Zulieferer sind gigantisch. Ein solcher Wandel braucht Sicherheit für die Beschäftigten. Dies wollen wir gemeinsam mit den Betriebsräten und den Unternehmen erreichen", sagte Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, anlässlich der dritten Tagung von Betriebsräten namhafter Zulieferer im Land. Das Automobilzulieferer-Netzwerk diskutiert regelmäßig Zukunftstrends der Branche.
Ein Schwerpunkt 2016 waren die Auswirkungen der Elektromobilität im Land. Um die Folgen auf die Beschäftigung seriös abschätzen zu können, wird die IG Metall die ELAB-Studie von 2012 fortschreiben und eine Initiative zur Zukunft der hiesigen Automobilindustrie starten.
"2012 ging man im realistischsten Szenario davon aus, dass 2030 jedes zehnte Neufahrzeug rein batteriebetrieben sein wird. Heute erwarten wir bereits 2025 eher die doppelte Anzahl", so Zitzelsberger. "Wenn sich der Wandel beschleunigt, gewinnt Sicherheit an Bedeutung. Niemand darf arbeitslos werden. Ziel der IG Metall ist, die Arbeitsplätze zukunftsfähig zu machen und die Beschäftigten für die neuen Aufgaben zu qualifizieren." In der angeführten Studie wird unter anderem untersucht, wie sich die Elektrifizierung des Antriebsstrangs auf einzelne Standorte auswirken wird und wie lange einzelne Zulieferteile noch gebraucht werden.
Neben dieser Analyse der Veränderungen soll die Initiative eine Versachlichung der Emissions-Debatte bewirken und erste Strategien zur Sicherung des Automobilstandorts entwickeln. Zitzelsberger: "Dabei geht es zuvorderst darum zu klären, inwieweit bestehende Produkte und Geschäftsmodelle der Unternehmen, beziehungsweise Standorte zukunftstauglich sind."
Der Gewerkschafter plädierte zudem dafür, das Thema alternative Antriebe nicht auf den reinen Technologiewechsel zu beschränken, sondern ganzheitlich zu betrachten: "Elektromobilität verbessert dann die Klimabilanz, wenn es gelingt, regenerative Energien nach vorne zu bringen. Der Antrieb einer großen Zahl an Elektromobilen über mehr konventionelle Kraftwerke würde das Problem hingegen nur vom Stuttgarter Neckartor zum nächstbesten Kraftwerk verschieben." Vor diesem Hintergrund spricht sich Zitzelsberger für Technologieoffenheit aus: "Neben rein batteriebetriebenen Fahrzeugen sollte auch an Hybridlösungen und der Brennstoffzelle weitergearbeitet werden, ebenso am hocheffizienten Verbrennungsmotor und CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffen."
Professor Thomas Koch vom Institut für Kolbenmaschinen in Karlsruhe zeichnete vor den rund 50 Betriebsräten ein positives Zukunftsbild des Diesels. Dieser sei keineswegs ein Auslaufmodell. Vielmehr erfüllten erste Fahrzeuge der neuesten Generation bereits die strenge Gesetzgebung, die zum September 2017 in Kraft tritt. Diese führt dazu, dass die Fahrzeuge im Realbetrieb typischerweise weniger Stickoxid-Emissionen ausstoßen als der Grenzwert von 80mg/km. Koch: "Wir haben kein Technologieproblem, sondern ein Zeitproblem bis die neuen Fahrzeuge auf der Straße sind."
Produktionsverlagerungen ins Ausland waren das Thema von Martin Schwarz-Kocher, dem Geschäftsführer des Stuttgarter IMU-Instituts. Nach einer von ihm verantworteten Studie wurde in jedem dritten Betrieb in den vergangenen fünf Jahren Beschäftigung vor Ort aufgrund von Verlagerungen abgebaut, rund 40 Prozent ihrer Belegschaften beschäftigen Zuliefererbetriebe heute in Ost- und Mitteleuropa. "Das ist Ausdruck des enormen Kostendrucks unter dem die Zulieferer stehen", sagte Schwarz-Kocher. Bei den Herstellern betrage der Anteil erst elf Prozent. Mit dem Abschluss der von der Hans-Böckler-Stiftung finanzierten Studie wird Mitte 2017 gerechnet.

Letzte Änderung: 01.12.2016