IG Metall BaWü diskutiert Arbeitszeit

Die Arbeitszeitkampagne der IG Metall: Mein Leben - Meine Zeit

23.06.2016 Bezirksleiter Zitzelsberger: "Arbeit muss stärker durch die Beschäftigten beeinflussbar werden, Diskussion um Arbeitszeitgesetz darf nicht zu Lasten der Menschen gehen"

Die IG Metall Baden-Württemberg setzt sich für Arbeitszeitmodelle ein, die den Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht werden und ein gesundes Arbeiten bis ins Alter ermöglichen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um den Dialogprozess "Arbeit 4.0" des Bundesarbeitsministeriums erteilte Bezirksleiter Roman Zitzelsberger Überlegungen eine Absage, wonach Schutzrechte der Beschäftigten im Arbeitszeitgesetz in Gefahr geraten könnten. "Ausufernde Arbeitszeiten und steigende Leistungsanforderungen in vielen Betrieben zeigen, dass Schutzrechte der Beschäftigten bei allem Modernisierungsbedarf weiter zwingend notwendig sind."

Die IG Metall will Arbeitszeitmodelle entwerfen, die eine selbstbestimmte Gestaltung passend zur persönlichen Lebenssituation ermöglichen. An einer Konferenz zum Thema Arbeitszeiten in Böblingen nahmen am heutigen Mittwoch mehr als 400 Betriebsräte und Vertrauensleute der IG Metall aus ganz Baden-Württemberg teil - ein Beleg dafür, wie sehr das Thema die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Konferenz ist Teil der bundesweiten IG Metall-Kampagne "Mein Leben, meine Zeit - Arbeit neu denken". Hintergrund ist die sich verändernde Arbeitswelt, die mit steigenden Flexibilitätsanforderungen der Unternehmen, aber auch mit dem Wunsch der Beschäftigten nach größerer Zeitsouveränität einhergeht. In Böblingen standen vor allem drei Themen im Mittelpunkt: gesunde Schichtarbeit, die Erfassung und Vergütung von Arbeitszeit und die Gestaltung von mobilem Arbeiten.

Wie notwendig Regelungen zu den einzelnen Themen sind, machte Zitzelsberger am Beispiel mobilen Arbeitens deutlich: "Die Möglichkeit dazu soll helfen, Beruf und Freizeit besser in Einklang zu bringen. Es bedeutet aber nicht, dass Beschäftigte zu Hause weiterarbeiten, weil ihre Arbeit in der normalen Zeit nicht zu schaffen ist." Eine weitere Schwierigkeit seien starre Abläufe in der Produktion, die den Einsatz flexibler Arbeitszeitmodelle erschwerten. "Dafür müssen wir Lösungen finden", so Zitzelsberger.

In Böblingen wurde anhand betrieblicher Beispiele diskutiert, wie flexible Arbeitszeitmodelle in Zukunft aussehen können, zudem gaben zwei Referenten aus Wissenschaft und Politik Einblick in Arbeitstrends und gesetzliche Vorhaben. Laut Josephine Hofmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Arbeitsorganisation (IAO) "nehmen nicht nur die Bedürfnisse der Beschäftigten nach flexiblen Arbeitsorten und -zeiten zu, sondern auch die Bereitschaft der Unternehmen darauf einzugehen." Der Wunsch nach mehr Flexibilität ziehe sich heute durch alle Beschäftigtengruppen und sei längst nicht mehr nur auf "Zeit für Kinder" beschränkt. Ähnlich wichtig sei Beschäftigten die Pflege von Angehörigen, Wege einzusparen oder in Ruhe von zu Hause aus zu arbeiten.

Benjamin Mikfeld, im Bundesarbeitsministerium für Arbeitswelt-Fragen zuständig, stellte den von Ministerin Andrea Nahles angestoßenen Dialogprozess "Arbeit 4.0" vor. 2017 will das Ministerium nach Gesprächen mit Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern Vorschläge zur Gestaltung der Arbeitswelt in Zeiten der Digitalisierung vorlegen, der Schutz von und mehr Zeitsouveränität für Beschäftigte seien dabei wichtige Ziele, so Mikfeld.

Die IG Metall Baden-Württemberg wird sich in den nächsten anderthalb Jahren intensiv mit dem Thema Arbeitszeit beschäftigen, neben einer bundesweiten Befragung über die Vorstellungen der Beschäftigten rund um Arbeitszeit wird das Thema auf zahlreichen Veranstaltungen von haupt- und ehrenamtlichen Metallerinnen und Metallern diskutiert. Im Ergebnis könnten flexible Arbeitszeitregeln in die Forderung der Tarifrunde 2018 einfließen.
"Im Kern wird es darum gehen, das richtige Verhältnis zwischen notwendiger Flexibilität für das Unternehmen und dem Wunsch nach Zeitsouveränität der Beschäftigten zu finden", sagte Zitzelsberger. Dabei sei es zwingend notwendig, Fragen der Arbeitszeit und Leistung gemeinsam zu diskutieren. Einfach wird die Debatte laut dem Bezirksleiter nicht: "Fragen von Arbeitszeitgestaltung waren in der Geschichte der IG Metall immer auch Machtfragen."

Letzte Änderung: 23.06.2016